Von Orgamenschen und Spielplätzen

08.12.2019

 

Es ist an der Zeit uns alle wieder zusammen zu trommeln. Der Festivalabbau hat sich im grauen Nieselwetter vollzogen. Und wie nach jedem Festival, besonders nach den Schönen, kommt Ende September das Tief. Manch einer hat sich das graue Nieselwetter für Zuhause eingepackt, ein anderer eine dicke Erkältung. Nachbereitung, die im Stillen passiert. Eigene Gefühle und Gedanken sortieren, sich erholen, einige Momente luftdicht verpacken und für später konservieren. Und auch mal wieder andere Sachen machen als Festival-Organisation. 

Nach all der notwendigen Zerstreuung ist es an der Zeit, uns alle wieder zusammen zu trommeln. Uns gegenseitig von unserem Bärenschlaf zu erzählen und ein wenig die Glieder zu räkeln. 

Das Orga-Treffen findet in der Vulkaneifel statt, in dörflicher Abgeschiedenheit. Für ein Wochenende bewohnen wir ein Haus, das zum Verkauf steht. Hier passt eine große Familie rein. Oder ein 11-Köpfiges Orgateam aus fast und geradeso erwachsenen Menschen. Dass dieses Haus einmal ein Zuhause war und dass es auch für uns ein Zuhause sein wird, sieht man auf den ersten Blick. Ich sehe das zumindest. An der Wohnküche, an den gut befüllten Bücherregalen, an der geschwungenen Treppe, die in den ersten Stock mit den vielen Zimmern führt , an dem kleinen Dachbodenzimmer, dass ich für mich erobere und nicht zuletzt an dem prunkvollen Badereich im Dachgeschoss. (hier könnte die Verkaufsanzeige verlinkt sein)

Trotzdem gestaltet sich der erste Abend schwierig und ich frage mich, ob ich wohl ankommen kann. An diesem Wochenende, in dieser Gruppe. Mit all den Unklarheiten, die ich so im Gefühl habe. Ich frage mich mal wieder, was diese Lücke überbrücken kann. Die Lücke, die für mich in so vielen Ankommenssituationen entsteht. Wenn alle schon da sind und ich immer noch versuche Brücken zu bauen. 

Nachts ziehe ich mich in den obersten Hauswinkel zurück. Das Dachbodenreich. Ich habe verschiedenstes Hauseigentum eingesammelt. Ein Kerzenleuchter. Ein gutes Buch. Eine Wärmflasche. Ich bilde mir ein, dass mir die Dachbodenbasis hilft. Man kann sich dort oben eine Zeit lang einigeln. Um dann wieder nach unten zu kommen. 

Weil der zweite Tag mit Milchschaumkaffee beginnt ist alles schon viel leichter. Ich beginne die Moderation der ersten Gesprächsrunde mit einem Türöffnen. Jede*r darf kurz erzählen, wie das ankommen war und welche Themen sonst gerade lebensrelevant sind. Und da ist ganz schön viel da, hinter diesen Türen. 

Das denke ich immer wieder in diesen vier Tagen. Dass es nicht stimmt, dass alle ihre Brücken längst gebaut haben und nur ich finde gerade den Akkuschrauber nicht. Vielleicht gibt es auch die Lücke gar nicht, die es zu überbrücken gilt, weil es keine zwei Seiten gibt. Wir sind einfach alle da, Jeder und Jede mit dem, was er oder sie so mitbringt. Und ich bin nicht die einzige, die innerlich all das Mitgebrachte und all das was da ist sortieren muss. Ankommen, Zusammenkommen ist vielleicht weniger ein Brückenbau, sondern mehr ein Sehen dieser unterschiedlichen Positionen. 

Auf dem Rückweg von einer kleinen Wasserfallwanderung fahren wir mit drei Autos Kolonne. Es abenddämmert schon und dir Rücklichter des Autos vor uns sind ein roter Wegweiser, an den es Anschluss zu behalten gilt. Plötzlich biegt der erste Wagen nach links, hält auf einem Parkplatz an der Straße. Die beiden anderen Autos folgen. Kurz weiß keiner, was den Stop verursacht hat, bis die Türen des ersten Wagens aufgehen. Drei aufgeregte Menschen klettern über einen kleinen Zaun und erobern eine lange Spielplatzrutsche. Die anderen folgen mit Indianergeheul. 

 

Septré – Festival der Bildungsvielfalt | 07. - 10. September in Damelack